2019 Nahe


Die diesjährige Frühjahrs-Wanderfahrt des Wachtberger Wander-Verein führte vom 3. bis 6. Juni 2019 an die Nahe. An der von Waltraud und Andreas Menzel organisierten Tour nahmen 20 Vereinsmitglieder teil.

 

Anreise und 1. Wandertag

Alle Teilnehmer trudelten am ersten Tag gegen Mittag im Hotel Niederthäler Hof in Schlossböckelheim ein. Ein Hotel romantisch an der Lahn gelegen, das auf verschlungenem Weg zu erreichen ist. Das sollte für drei Nächte unser Domizil sein.

 

Vor der ersten Wanderung stärkte sich jeder mit einem Getränk seiner Wahl und pünktlich, kurz nach 12 Uhr, starteten wir zu unserer ersten Wanderung – einer Nachmittagstour zum Warmlaufen. Mit fünf PKWs ging es es auf schmaler Straße mit alpiner Steigung und Gefälle nach Oberhausen a.d. Nahe. Schnell war für alle ein Parkplatz gefunden und los ging es. 14 Km Wanderung lagen vor uns mit dem vielversprechenden Namen Vitaltour.

 

Die Stimmung war heiter und die Erwartung groß. Unser Wanderführer Andreas führte uns zielsicher in den Einstieg und sofort ging es in Serpentinen schweißtreibend hoch zum Lemberg. Mit 422 m die höchste Erhebung im Naheland. Immer wieder wurden wir mit herrlichem Weitblick bis in den Soonwald belohnt und bewunderten kunstvoll geschnitzte Bänke.

 

Der Himmel zog sich zu und es begann zu regnen. Regenschirme und Regenkleidung wurden ausgepackt. Erfreulicherweise grummelte das Gewitter, aber nur hinter und neben uns und verschonte uns vor Sturm und Starkregen. So konnten wir flotten Schrittes unseren Weg im Schutz des Waldes fortsetzen. Lediglich eines der Highlights - der Silbersee - fiel dem Regen zum Opfer. Wir erreichten die Lemberghütte. Sie sah vielversprechend aus, war aber leider geschlossen. Dann also weiter. Wir erreichten das Landhotel Lembergblick – ebenfalls geschlossen. Blöd, wenn man am falschen Tag unterwegs ist! Dafür gab es eine gute Nachricht: mittlerweile hatte es aufgehört zu regnen. Von kleineren Anstiegen unterbrochen, ging es jetzt stetig bergab und schließlich durch die Trombachklamm, dessen Wasser uns plätschernd begleitete, bis die Nahe vor uns lag. Breit und träge. So ist das vor einer Staustufe.

 

Nach weniger als einer Stunde erreichten wir unseren Ausgangspunkt. 4 1/2 Stunden Wanderung mit ca. 390 m Höhendifferenz, ohne nennenswerte Pause, lagen hinter uns. Ich glaube, vital fühlte sich jetzt keiner mehr, dafür aber zufrieden über die Leistung des ersten Tages. Und alle hatten durchgehalten.

Zurück im Hotel trafen wir uns wenig später zum Abendessen. Gesellig ging ein schöner Tag zu Ende. Zuvor aber stimmten wir darüber ab, den Beginn der 2. Wanderung um eine Stunde nach vorn zu verlegen. Demokratisch setzte sich die Mehrheit gegen unseren Wanderführer durch: Frühstück ab 7:30 Uhr, Abfahrt um 9:00 Uhr.

 

2. Wandertag

Nach dem gestrigen „Warmlaufen“ stand uns heute eine besondere Wandertour bevor: TourNaturSalinental, knapp 16 km, 6 ½ Stunden, Höhendifferenz ca. 540 m. Schwer!! So steht`s im Internet.

 

Nebelschwaden hingen im Tal und lösten sich langsam auf. Die Sonne setzte sich zunehmend durch. Es versprach, ein schöner Tag zu werden. Punkt 9 Uhr ging es mit den PKWs nach Norheim a.d. Nahe. Es ging sofort nach oben. Anfangs noch moderat, dann über Wiesenwege zum Steilaufstieg auf den Rotenfels. Immer wieder gab es herrliche Ausblicke auf die Nahe. Schweißgebadet erreichten wir die Bastei Rotenfels und wurden vom grandiosen Ausblick mehr als entschädigt. Unter uns lag das Nahetal und gegenüber die Burgruine Rheingrafenstein, der Aussichtspunkt Gans und Bad Münster am Stein-Ebernburg mit der Burg Ebernburg.


Es ging einige Kilometer weiter über Wiesen und durch Wälder bis zum Abstieg nach Bad Kreuznach. Der Abstieg hatte es in sich. Steil und felsig. Wir überquerten die Nahe und dann hatten wir die 1. Etappe geschafft. Die angekündigte Brauereischänke in Gestalt eines Biergartens wurde von uns in Besitz genommen. Hier im Schatten, bei kühlen Getränken und Brotzeit, ließ es sich aushalten.

Ausgeruht und gestärkt bewunderten wir die neben uns stehende Saline (Gradierwerk), um dann zur Gans aufzusteigen – erfreulicherweise weitgehend im Schatten der Bäume, denn es war in der Zwischenzeit sehr, sehr warm geworden. Immer wieder wurde der Blick frei ins Nahetal und nach Bad Kreuznach. Schließlich erreichten wir den Aussichtspunkt Gans und hier wurde uns ein grandioser Ausblick auf das Nahetal mit seinen Salinen, Bad Münster mit seiner Ebernburg, der Burgruine Rheingrafenstein sowie dem gegenüberliegenden Rotenfels geboten. Das alles bei stahlblauem Himmel. Einfach toll!


Jetzt ging es steil nach unten. Stufe für Stufe galt es abzufedern. Es grüßten die Knie. Vorbei an Rheingrafenstein, die nur noch als Ruine malerisch auf einer Felskuppe (Porphyrfelsen) liegt. Der Legende nach soll sie der Teufel erbaut haben. Keine Legende ist, daß sie im Jahr 1689 von den Truppen Ludwig XIV gesprengt wurde. An der Nahe angekommen, wartete eine kleine Fähre, ein Nachen, auf uns. Die Überfahrt nach Bad Münster erfolgte im Handbetrieb, indem der Fährmann an einem Halteseil Hand über Hand greifend die Fähre zum gegenüberliegenden Ufer zog. Sehr ruhig, sehr beschaulich. Über uns die Ruine Rheingrafenstein. Bei Nebelschwaden und Mondschein wäre es eine perfekte Kulisse für einen Krimi.


Bad Münster ist heute mit Ebernburg ein Doppelort. Daher der sperrige Name Bad Münster am Stein-Ebernburg. Die Gemeinden wurden 2014 nach Bad Kreuznach eingemeindet. In der Vergangenheit lebte die Bevölkerung von der Salzgewinnung, dem Fischfang in der Nahe und zeitweise vom Kupferabbau. Geblieben sind die radonhaltigen Solequellen als Grundlage für den Kurbetrieb


Die letzten Kilometer lagen vor uns… und sie zogen sich. Allein der Blick zum Bergmassiv Rotenfels beflügelte unseren Schritt. Dort oben standen wir vor einigen Stunden. Ein bißchen Stolz kommt hoch. Noch einmal überquerten wir die Nahe. Wir hatten es geschafft.. alle hatten es geschafft. Keiner blieb zurück. Die Meinungen über den zurück gelegten Weg gingen laut unterschiedlicher Wander-Apps auseinander. Schließlich einigten wir uns auf 16,6 Km.

 

Den Tag rundeten wir mit einem vorzüglichen Abendessen im Restaurant Niederhäuser
Hermannshöhle ab, das nur wenige Kilometer von unsrem Domizil entfernt war. Es war ein ehemaliges Fährhaus, das heute unter Denkmalschutz steht. Nur durch die Straße von der Nahe getrennt. Andreas hatte uns die Qual der Wahl abgenommen und für uns alle ein Menü bestellt. Als Vorspeise gab es Couscous mit gebratener Riesengarnele – sehr gut; als Hauptgericht Spargel mit neuen Kartoffeln und Kalbsrücken, dazu Sauce Hollondaise und zerlassener Butter – sehr gut; als Nachspeise exotische Fruchtschale – super. Auch beim Wein konnte man nicht meckern


Zufrieden tranken wir im Niederstädter Hof noch einen Absacker und ließen den Tag ausklingen.


3. Wandertag
Alle trafen sich beim Frühstück. Alle waren heute wieder dabei. Um 9:00 Uhr starteten wir zu unserer letzten Wandertour: Vitaltour Felsengarten. Länge ca. 14 Km, Dauer ca. 4 Stunden, Höhenmeter 325, Schwierigkeitsgrad mittel.


Eine kurzweilige Fahrt führte uns über die Naheweinstraße durch Bad Sobernheim, Marxheim und Martinstein nach Simmertal. Links Weinberge, rechts Wald und umgekehrt. Schönes wohlgefälliges Hügelland. Einfach schön. Vor uns tauchte Burg Dhaun auf. Malerisch sitzt sie auf einem Hügelvorsprung. Doch wir bogen nach Simmertal ab, parkten und sofort begann der Aufstieg. Nach dem Aufstieg ging es moderat zwischen Korn- und Rapsfeldern auf Wiesenwegen und -pfaden zum Habichtskopf. Wir genossen den warmen Wind und die Ruhe. In Randbahn`s Ruh querten wir das Apfelbachtal und drehten Richtung Norden. Wir hatten das „Tagesbergfest“ erreicht. Das hieß Pause. Jeder suchte sich verstreut im Wald ein Plätzchen. Auf einem Baumstumpf, einem Ast oder ganz einfach auf dem Waldboden.


Gestärkt ging es weiter. Immer wieder ging der Blick über das freie Hügelland. Kein Windrad störte. Wildblumen begeisterten uns und Waltraud gab fachkundig Auskunft. In der Sonne wurde es extrem warm, aber glücklicherweise gingen wir viel im Schatten oder Halbschatten. Über Horbach, ein verschlafenes Nest, ging es zur Falkensteinhütte, die eine großartige Aussicht versprach. Unter uns lag das Kellertal und auf der gegenüberliegenden Seite Schloss Dhaun. Insgesamt hatten wir schon spektakuläreres gesehen. Die gestrige Tour hatte uns verwöhnt.


Mit flotten Schritt ging es leicht bergab zur Uhuwarte und wenig später in Serpentinen steil nach unten über einen kleinen Bach und anschließend wieder nach oben. Laut Wegweiser an der Falkensteinhütte lagen noch 3,8 Km bis zum Biergarten vor uns…. weniger als 1 Stunde. Mittlerweile waren wir ein gutes Stück vorangekommen. Es konnte also nicht mehr weit sein. Stetig ging es immer weiter bergab und dann kam ein fordernder Abstieg. Steil mit extrem hohen Stufen. So wurden die letzten Meter für manchen zur finalen Herausforderung. Geschafft! Im Biergarten unter einer riesigen Kastanie freuten wir uns auf unsere Getränke und unser Essen und das war wirklich bestens. Jeder war mit seiner Wahl zufrieden. Gleichgültig ob Flammkuchen, Salatteller oder Käsegerichte gewählt wurden.


Zurück in unserem Hotel trafen wir uns in geselliger Runde. Anne dankte Andreas für seine hervorragende Organisation und natürlich auch Waltraud und überreichte im Namen der Teilnehmer eine kleine Anerkennung für ihre Mühe und ihren Aufwand. Alle waren bis zuletzt dabei, keiner machte schlapp und keiner wurde verletzt. Tolle Truppe! So ließen wir den Tag bis spät in die Nacht gut gelaunt ausklingen.


4. Tag – Kulturtag und Abreise
Nach drei Tagen körperlicher Herausforderung war heute Kultur angesagt: Klosterkirche Disibodenberg.

 

8 Pkw verließen um 9:30 Uhr den Hotelparkplatz. Wie immer unser Wanderführer Andreas als Erster, aber leider in die falsche Richtung. Nach wenigen hundert Metern kam dann das große Wendemanöver. Alles ging problemlos gut. Ebenso problemlos im Konvoi nach Staudenheim. Im Ort stoppte Andreas, wendete und fuhr zurück. 7 Fahrzeuge leiten ebenfalls das Wendemanöver ein. Gut, daß wir bereits geübt hatten. Staunend verfolgten einige Einheimische das Prozedere. Wir lernten das Einfamilienhausviertel von Staudenheim kennen. Auch falsch. In einer großen Schleife ging es wieder zurück. Ich verlor den Anschluss und dann auch Anne. Schließlich fanden wir uns aber alle auf dem Parkplatz ein. Ende gut, alles gut. Nun galt es die Klosterruine zu erobern.


Wieder ging es erst mal bergan. Die Anlage liegt auf einer Bergkuppe, bzw. Bergrücken, versteckt zwischen den Bäumen. Kaum zu glauben, daß sie früher bereits von weitem als mächtiges Bauwerk zu sehen war. Wir betraten über die Südpforte, dem früheren Haupteingang, die Anlage. Unter der fachkundigen Führung von Frau Hahn, nahmen die Mauerreste und Gesteinsbrocken dank ihrer lebendigen und unprätentiösen Erläuterung zunehmend Gestalt an. Unsere Fantasie ging mit ihr auf die Reise und begann im 7. Jahrhundert, als ein irischer Wanderprediger Namens Disibod die Vision hatte, an diesem Ort als Einsiedler eine Kapelle zu errichten. Nach seinem Tod wurde eine Kirche und eine klosterähnliche Anlage errichtet und nach ihm benannt.


Anfang des 12. Jahrhunderts wurde der Grundstein für den Bau des Klosters gelegt. In diesem Zeitraum, im Jahr 1112, beginnt in diesem Kloster die Geschichte der achtjährigen Hildegard, später der heiligen Hildegard von Bingen. Gemeinsam mit ihrer Lehrmeisterin Jutta von Sponheim, die nur sechs Jahre älter war und einer weiteren Schülerin, wurden sie in einer Klause eingemauert. Ihr für diese Zeit großes Wissen, ihre Visionen, ihre Heilkunde und die Gründung des Benediktinerklosters Rupertsberg bei Bingen machten Hildegard unsterblich.

Es war eine wechselvolle Geschichte, die das Kloster im Laufe der Jahrhunderte durchlebte. Zisterzienser lösten Benediktiner ab und umgekehrt. Es wurde an- und umgebaut. Die Kirche, der Kreuzgang, das Refektorium sowie das Hospiz, der Kapitelsaal sind noch heute als Ruine erkenn- und in der Fantasie erlebbar. Es wurde durch Kriege und Machtkämpfe immer wieder in seiner Existenz bedroht, erlebte um1260 erneut eine Blütezeit, die bis 1500 andauerte. Dann folgte der Bauernkrieg und die Reformation. Letztere führte 1559 zur Auflösung. Im Dreißigjährigen Krieg und im Pfälzischen Erbfolgekrieg wurde es mehrfach verwüstet und verfiel zunehmend.


Heute befindet sich die Anlage in privater Hand und steht in zweifacher Weise unter Denkmalschutz. Einmal die Klosteranlage selbst und dann der in ihr entstandene romantische Landschaftspark, der Mitte des 19. Jahrhunderts von dem Gartenbauarchitekten Johann Metzger entworfen wurde. Erwähnenswert ist noch, dass durch die Apsis Kraftfelder laufen und sich am ehemaligen Standort des Altars kreuzen. So sagt man. Irgendetwas muß dran sein, denn prompt war der Akku von Andreas Handy leer.


Wir schauten uns noch kurz im Museum um und fuhren dann vollgepackt mit Wissen und Eindrücken zum Mittagessen nach Münster-Sarmsheim in die Weinstube Kruger-Rumpf. Aus einer kleinen Auswahl hatten wir bereits vorab bestellt, so daß jeder nur noch hier rufen mußte, wenn es hereingetragen wurde. Es schmeckte hervorragend. Die Stimmung war gut. Gottfried fasste die Tage nochmals kurz zusammen und endete mit einem großen Dankeschön an Andreas und seiner Frau Waltraud. Dem konnten wir nur beipflichten. Die anschließende Verabschiedung war herzlich. Und so machte sich schließlich jeder auf den Weg nach Hause. Mit im Gepäck seine persönlichen Erinnerungen, Erlebnisse und Empfindungen.


Tschüss bis zur nächsten mehrtägigen Tour, z.B. an der Lahn.

 

Jürgen Unger