2015 - Schwarzwald


Ziel der Wanderfahrt im Herbst 2015 war der kleine Ort Gengenbach im unteren Kinzigtal am Rande des mittleren Schwarzwaldes bei Offenburg, der schon einmal vor 6 Jahren Ausgangspunkt für schöne Exkursionen anlässlich einer Wanderfahrt des Wachtberger Wander-Vereins war. Man kann den Inspirator und Organisator dieser Tour, Gottfried Nagel, der unterstützt und befeuert wurde von seiner lieben Gattin Margarete, nur beglückwünschen, denn es war einschließlich der Topunterkunft im Hotel "Pfeffer und Salz" eine wahrlich vortreffliche Wahl.

 

Gengenbach ist ein zauberhaftes kleines Städtchen - es wurde 1366 zur Reichsstadt - umgeben von einer Stadtmauer und Stadttoren, die nach teilweiser Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg und im nachfolgenden Pfälzischen Erbfolgekrieg wieder vollständig restauriert wurden. Hier hatte auch bis 2011 unser allseits geschätzter Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble seinen Wohnsitz. Allen Interessierten kann nur empfohlen werden, diesem mittelalterlichen Schmuckkästchen zumindest mal einen Kurzbesuch abzustatten.

 

So trudelten am 7. Oktober 2015 nachmittags bei gutem Wetter 16 erwartungsvoll gestimmte Männlein und Weiblein teils paarweise,  wie Waltraud und Andreas Menzel, Margarete und Gottfried Nagel, Emma und Ernst Picard, Sieglinde und Werner Thiele sowie Gabi und Peter Willert, teils solo wie Anne Dahmer, Anneli Schmid und Volker Bartholdy, in dem am Rande von Gengenbach in idyllischer Lage gelegenen Hotel ein und bezogen Quartier. Suse Steinberg sowie Edith und Dr. Werner Butscher logierten im wenige Schritte entfernten Stadthotel.

 

Stadtrundgang mit "Nachtwächter"

Nachmittags erfolgte ein erster Erkundungsausflug im Städtchen übr die oberhalb in den Weinbergen gelegene Jakobskapelle zum Hotel "Pfeffermühle", wo das Abendessen à la carte eingenommen und die ersten Gläser Pfälzischen Weins verköstigt wurden. Als weiterer Höhepunkt des ersten Tages erfolgte dann ein Rundgang vom Rathaus aus durch das Städtchen unter der sachkundigen Führung des "Nachtwächters". Es ging über 10 Stationen, u.a. dem Benediktinerkloster und durch enge Gassen wie auch vorbei an prachtvollen Fachwerk- und Bürgerhäusern und entlang der Stadtmauer. Dazu wurde auch die Gefolgschaft animiert, das berühmte Nachtwächterlied "Hört ihr Leut', ich muss euch sagen, …" mitzusingen, aber mehr als ein etwas lauteres Gemurmel kam nach anfänglich nur kläglichem Gebrumm nicht dabei heraus. Was soll's, schön und lustig war's trotzdem.

Zu aller Überraschung war plötzlich aus der tiefen Dunkelheit vom Dach eines Bürgerhauses lautes Geklappere zu vernehmen, das eigentlich nur vom Schnabel eines Weißstorches stammen konnte. Aber das im Oktober? Da sind die Störche längst in ihrem Winterquartier in Spanien oder Afrika. Aufklärung ergab, dass tatsächlich ein Paar in Gengenbach auf seinem Horst mitten in der Stadt überwintert., während seine drei Jungen Anfang September zeitgerecht abgeflogen sind. Wahrscheinlich stammen die Altvögel oder zumindest einer der sich treuen Partner aus einer privaten Aufzucht und haben den Zugtrieb verloren. Wer diese Geschichte für ein Wintermärchen hält, der wende sich an Sieglinde Thiele. Sie hat ein Beweisfoto geschossen. Frohgestimmt beendeten wir den ereignisreichen Tag.

 

Von Gengenbach nach Biberach

Am nächsten Morgen (8. Oktober 2015) versammelten wir uns nach schönem Frühstück pünktlich um 9:00 Uhr vor dem Hotel und starteten frohen Mutes und bei gutem Wetter zur ersten Tageswanderung, die uns von Gengenbach nach Biberach führen sollte. Hätten wir gewusst, dass letztendlich anstatt der prognostizierten 13 km an Ende des Tages gut 18 km herauskommen sollten, so wäre die anfänglich lautstarke  Unterhaltung über Gott und die Welt sicher etwas zurückhaltender ausgefallen, zumal sich dieses Phänomen an den beiden darauffolgenden Tagen jeweils in gleicher Weise wiederholen sollte. So bewältigten wir die erste Steigung zur oberhalb von Gengenbach gelegenen Jakobskapelle in zügigem Tempo, schauten in die hübsche von warmen Kerzenlicht erfüllte Portiunkula-Kapelle, läuteten zur Vergebung unserer aller Sünden das Glöckchen und nahmen dann trotz der Bedenken von Ernst, die wir leichtsinnig in den Wind schlugen, erst einmal den falschen Weg.

An einer großen Wegekreuzung mitten im Mischwald aus Eichen und Buchen, die es zu unserer Überraschung dort im Schwarzwald reichlich gibt, wurde erst einmal Rast gemacht, die die Frauen zur Erholung und zum üblichen Schwätzchen nutzten. Eine Männergruppe in wechselnder Besetzung, angeführt von Gottfried, Ernst, Peter und Andreas, beugte sich tief über Wanderkarte und GPS-Geräte, missachtete Hinweise zur Erkundung erst einmal Spähtrupps auszusenden und kam nach längerer Überlegung zum Schluss, welchen Weg wir einzuschlagen hätten, eine Szene, die sich zu ehrlichen Freude aller auch in der Folge der Wanderungen in ausgesprochen harmonischer Weise immer wieder wiederholen sollte. So ging es nach anstrengender langer Steigung über einen sich weit dahinziehenden Höhenrücken, der von Zeit zu Zeit wunderschöne Ausblicke auf das Kinzigtal und letztlich auch auf das Städtchen Biberach freigab. Auch ein Schwarzspecht, der größte und seltenste Specht in unseren Breiten, ließ seinen Ruf zu unserer Begrüßung erklingen.

Als wir uns fast schon beim Abstieg auf Biberach befanden, ertönte der Schreckensruf, wo  ist denn die Gabi? Im Dahintrotten im Gänsemarsch hatte niemand trotz ihres auffallend blauen Anoraks ihr Fehlen bemerkt. Auf die sorgenvollen Rufe ihres Gatten kam dann ihre uns alle erleichternde Antwort. Sie war wohl ein wenig ihre eigene Wege gegangen im Glauben, uns an der nächsten Wegekreuzung wieder zu treffen. So ist das im Leben. Nach Wanderung durch prachtvolle Streuobstwiesen vor Biberach erreichten wir den Bahnhof und fuhren zurück nach Gengenbach. Dort genossen wir am malerischen Marktplatz im Freien noch Kaffee und - wer mochte - tollen Kuchen, bevor es je nach Lust und Laune ins Hotel zurück ging. Dort beschlossen wir bei einer Auswahl schöner Menus diesen ereignisreichen Tag, der für einige Fußballfans wegen der Niederlage Deutschlands gegen Irland allerdings mit einer leicht bitteren Pille endete.

 

Vom Ziegelhof zur Guttahütte

Am darauffolgenden Tag, Freitag, dem 9. Oktober 2015, ging es mit dem Auto auf die andere Seite des Kinzigtals am Ortsende von Gengenbach zum Ziegelhof. Vom dortigen Parkplatz stiegen wir zum Bildstöckle mit Guttahütte auf. Das bedeutete erst einmal lange steigen, steigen, steigen …., wobei unterwegs schöne Gruppen von Fliegenpilzen und einfach prächtige Exemplare der im Schwarzwald beheimateten Weißtanne zu bestaunen waren. Leider wird stattdessen wohl jetzt mehr auf den Anbau der schnellwüchsigen aus Nordamerika stammenden Douglasie gesetzt, denn sie nahm breite Pflanzstreifen rechts und links unseres Wanderweges ein. Auch zahlreiche Esskastanien säumten immer wieder den Weg, was viele unter uns dazu brachte, sich als absolute Fans zu outen und sich stets bückender weise nach Eichhörnchen Art im Sammeln zu betätigen. Den Knollenblätterpilz ließen wir dagegen lieber stehen. Als wir endlich die Höhe und Hütte erreichten, waren alle erleichtert und wir genossen bei herrlichem Sonnenschein den tollen Ausblick über die zu unseren Füßen liegenden Täler und die Höhe des Schwarzwaldes.

Von da an ging es auf breiten Wegen meistens bergab durch lichten Hochwald, was uns zu Tempohöchstleistungen verhalf, und so erreichten wir bald den Waldrand bei dem Dorf Fußbach, wo wir in dem schönen badischen Traditionsgasthof "Rebstock" zur Mittagspause einkehrten. Gestärkt  machten wir uns entlang des Kinzigtals auf den Rückweg, wobei uns wieder einige schöne Streuobstwiesen und Hinweistafeln zu Vogelarten begleiteten, z.B. den Wiedehopf, den Grünspecht, den Gartenrotschwanz usw. und zu Insekten wie Bienen etc., die alle zum Überleben auf den Erhalt und die Renaturierung dieser leider sehr selten gewordenen Naturlandschaften strikt angewiesen sind. Wir Wachtberg können angesichts der gespritzten "Obstagrarindustrie" ein Lied davon sind. Etwas müde und leicht angeschlagen erreichten wir dann wieder den Parkplatz "Ziegelhof" und fuhren zurück nach Gengenbach.

 

Von Ortenberg nach Gengenbach

Am dritten Tag (10. Oktober 2015) sollte es dann von Ortenberg über Reichenbach zurück nach Gengenbach gehen. Wir erreichten Ortenberg am Ausgang oder Eingang - wie man's nimmt - des Kinzigtals zwischen Offenburg und Gengenbach gelegen mit dem Linienbus. Von da stiegen wir durch Weinberge hinauf zum hoch über der Stadt auf einem Felssockel gelegenen "badischen" Märchenschloss Ortenberg. Dieses aus einer alten Burganlage des frühen Mittelalters hervorgegangene Renaissanceschloss beherbergt heute eine Jugendherberge und gewährt einen ersten  phantastischen Ausblick auf das Kinzigtal. Leider konnten wir nur kurz verweilen, da wir um 14:00 Uhr in Reichenbach im Gasthof Rössle zum Mittagessen angemeldet waren. So gings dann wieder aufwärts bis wir nach kleiner Verschnaufpause über einen engen Felsensteig und im letzten Teil durch Hochwald auf die Anhöhe "Hohe Horn" gelangten. Dort befand sich ein stählerner gut 10 Meter  hoher Aussichtsturm, den die meisten von uns erklommen, um den Wahnsinnsblick von dort über die Gipfel und Täler des Schwarzwaldes zu genießen.

Auf der weiteren Wanderung nach Reichenbach war nochmals eine kräftige Steigung angesagt und wo sonst unterwegs ein Gesumme wie bei einem Bienenschwarm zu vernehmen war, breitete sich plötzlich eine totale Stille aus, nur unterbrochen durch das aufdringliche Gekreische des Eichelhähers, der sich durch die merkwürdige Karawane unter ihm gestört fühlte. Erst als wir den "Pass" überquert hatten und auf Reichenbach zuliefen, wobei wir noch einmal etwas vom Wege abkamen und eine weitere Anhöhe nehmen mussten, gelangte angesichts der bevorstehenden Pause im besagten Gasthof die Stimmung wieder auf den Höhepunkt. Der Gasthof war proppe voll, aber dank Gottfried's Umsicht hatte man uns einen schönen Tisch in einem Separée reserviert. Wir genossen dort den Aufenthalt in gelöster Stimmung und die restlichen 3 km von dort zurück zum Hotel erschienen uns wie ein leichter Spaziergang.

Abends genossen wir noch einmal das Essen im Hotel und tauschten Gedanken aus. Wir dankten Gottfried und Margarete herzlich für dieses schöne Wandererlebnis und das alles in dem wirklich schönen Ambiente und durchgehend bestem Wanderwetter. Am nächsten  Morgen nach dem gemeinsamen Frühstück verteilten wir uns in alle Himmelsrichtungen.

 

Volker Bartholdy