2013 - Kaiserpfalzen und Kirchen am Mittelrhein


Am Sonntag, dem 29. September 2013, fand die traditionelle „Fahrt ins Blaue“ des Wachtberger Wander-Vereins statt. Nachstehend ein anschaulicher Bericht über diese beliebte Veranstaltung des Vereins.

 

Fahrt ins Blaue - Geschichte und Geschichten

Bereits zum 6. Mal organisierte Hans-Jürgen Döring für den Wachtberger Wander-Verein die „Fahrt ins Blaue“. Für die Teilnehmer wie immer eine Fahrt mit unbekanntem Ziel. Für Herrn Döring eine Fahrt mit vielen Zielen und einem hohem kulturellen und historischem Anspruch. „Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah?“ Von Berkum ging die Fahrt entlang der B9, der alten römischen Heerstraße, über Koblenz nach Rhens. Kultur in kleinen Happen.

 

Sektfrühstück am Rhein – Königsstuhl in Rhens 

Wo deutsche Kaiser zeitweise gewählt worden waren, wurde im 13. Jahrhundert eine monumentale Nachbildung eines Throns aufgestellt. Wo deutsche Könige und Kaiser nach ihrer Wahl mit dem gesamten Hofstaat Hof hielten, gab es zum Auftakt das traditionelle Sektfrühstück mit "Weck, Worscht un Käs". Eine ganz besondere Idylle mit Blick auf Rhens und den Rhein. Ein historischer Ort der deutschen Geschichte.

 

Kaiserpfalz Karls des Großen

Weiter ging es nach Ingelheim, das mehr zu bieten hat als Rotwein und Spargel. Die Kaiserpfalz gilt als eine der vorzüglichsten Bauleistungen Karls des Großen und als eine reichsweit bedeutende Pfalz des Mittelalters. Die Stadt Ingelheim hat die Grundrisse der Pfalz in das Straßenpflaster eingelegt. Sie ist durch helle Steine markiert und vermittelt so einen Eindruck in die Dimension der damaligen Schaltzentrale des Kaiserreiches. Bei einem kleinen Rundgang beeindruckten die Reste einer großen Vergangenheit, hervorragend restauriert und in die Stadtlandschaft integriert. Dann ging es über Wiesbaden in den herrlichen Rheingau mit zahlreichen Burgen auf beiden Seiten des Rheins. Hans-Jürgen Döring stimmte uns musikalisch auf das nächste Ziel ein mit Aufnahmen der Kiedricher Chorbuben und des Countertenors Andreas Scholl, Palestrina-Motetten und Bach.

 

Kiedrich bei Eltville

Mittagspause im Winzerhaus. Das mittelalterliche Örtchen hat eine gotisch dominierte Innenstadt, viele restaurierte Hofanlagen und Häuser. Der Engländer Baron John Sutton entdeckte 1857 in Kiedrich das einmalige spätgotische Ensemble von Pfarrkirche, Michaelskapelle, Pfarrgebäude und Friedhof und engagierte sich mit vielen Millionen für die stilsichere Renovierung und Erhaltung.

Es war die Zeit der Rheinromantik. Die prächtigste Renaissance-Fassade des Rheingaus hat das Rathaus. Auch die Einwohner von Kiedrich waren um 1600 bereits der Zeit voraus. Sie wussten und wissen mit der Geschichte zu leben und sie zu beleben. Bereits zu dieser Zeit wurden auch die Mädchen unterrichtet, und die Dorfbewohner sprachen Latein und meist noch eine zusätzliche Fremdsprache. Auch die Musikwelt kennt Kiedrich, denn die Kiedricher Chorbuben sind ob ihrer gregorianischen Gesänge weltweit bekannt. Aus ihnen hervorgegangen ist der Countertenor Andreas Scholl, ein international gefragter Solist mit Auftritten u.a. an der Metropolitan Opera in New York. Keine geringere als seine Mutter führte uns durch ihr Kiedrich und erzählte mit großer Begeisterung ihre Anekdoten. So ist die Michaelskapelle der wohl aufwendigste spätgotische Bau seiner Art in Deutschland. Im netzgewölbten Innenraum hat eine doppelseitige Leuchtermadonna die Gläubigen im Blick und umgekehrt. Die Pfarrkirche wurde von Papst Benedikt 2010 zur Basilika Minor - zur päpstlichen Basilika - erhoben, vorrangig wegen der in Kiedrich gepflegten Choraltradition. Zur Zeit wird sie renoviert. Mit einem kleinen Obolus trägt der Verein mit zur Restaurierung bei. Frau Scholl überreichte ein Dokument über 4 qm Decken- und Wandflächen, für die sich unser Wanderverein verpflichtet hat.

Ab August 2014 soll die Kirche wieder eröffnet sein und Hans-Jürgen Döring hat versprochen, eine spezielle Kulturfahrt zu organisieren, bei der Wilma Scholl uns wieder begeistern darf. Schließlich wohnt sie nicht nur in einer geschichtsträchtigen Stadt. Auch ihre Tochter Elisabeth ist eine bekannte Sopranistin. Mit neun Jahren sang sie erstmalig und als erstes Mädchen im Chor der Kiedricher Chorbuben. Da sie mit kurzen Haaren und Chorrock nicht als Mädchen auffiel, konnte sie acht Jahre bei den Chorbuben singen. Wir sind sicher, dass uns die Musik, die Menschen, die Geschichte und die vielen Geschichten wieder nach Kiedrich bringen werden. Weiter gings rheinabwärts vorbei an Rüdesheim, Bingen in Richtung Kaub bei sonnigem Herbstwetter.

 

Burg Pfalzgrafenstein, die Pfalz bei Kaub

Ein kleines Fährboot brachte uns hinüber zur einstigen Zollwache mitten im Rhein mit Blick auf Burg Grafenstein. Pfalzgrafenstein zählt neben der Marksburg und der Burg Boppard zu den wenigen nie zerstörten Burgen im Oberen Mittelrheintal. Die Szenerie mit Burg, Felsen und Natur auf dieser winzigen Insel gilt als eines der schönsten Landschaftsbilder in Europa. Nach der Besichtigung der Burg gab es in dieser einzigartigen Kulisse unter alten Bäumen einen abschließenden Umtrunk mit Rotwein und feinsten Kuchen, die begnadete Bäckerinnen im Verein für die Gemeinschaft gebacken hatten. Genuss pur.

 

Fazit: Wir haben nicht nur einen schönen Tag gemeinsam erlebt. Hans-Jürgen Döring hat uns deutsche Geschichte und Kultur schmackhaft serviert. Seine Begeisterung hat sich auf alle übertragen und in 2014 heißt es ganz sicher: „Da simmer dabei!“ Danke für dieses Schmankerl!

 

GA